Statement zur Berichterstattung in ZDF Zoom

Journalistin mit Mikrofon und Notizblock

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Am 23. Januar 2019 hat das ZDF in der Sendereihe ZDF Zoom einen Beitrag mit dem Titel "Krank und keiner zahlt - der Streit mit den Berufsgenossenschaften" gesendet. Thema des Beitrags war die Entschädigungspraxis der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung im Fall von Berufskrankheiten. Tenor des Beitrags - wie auch zahlreicher Beiträge, die die Autoren und das ZDF in den sozialen Medien und auf ihren Websites veröffentlicht haben - war, dass tausende Beschäftigte in Deutschland durch die Arbeit krank werden, aber zu Unrecht keine Entschädigung durch den dafür zuständigen Sozialversicherungszweig, die gesetzliche Unfallversicherung, erhalten. Die gesetzliche Unfallversicherung sei daher "dringend reformbedürftig".

Aus unserer Sicht lässt die Darstellung in ZDF Zoom wesentliche Punkte außer Acht, die für die Meinungsbildung der Zuschauerinnen und Zuschauer wichtig wären:

Beispiel "bürokratische Hürden":

Die gesetzliche Unfallversicherung übernimmt die zivilrechtliche Haftung des Arbeitgebers für Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Der Gesetzgeber wollte damit verhindern, dass Betroffene selbst vor dem Zivilgericht eine Entschädigung erstreiten müssen. Für die Betroffenen hat das einen Vorteil: Sie können selbst dann eine Entschädigung bekommen, wenn der Arbeitgeber diese nicht zahlen könnte - zum Beispiel weil es ihn nicht mehr gibt.

Die Übernahme der Haftung bedeutet aber auch: Der gesundheitliche Schaden muss dem Verantwortungsbereich des Arbeitgebers zuzurechnen sein. In anderen Worten: Die Arbeit muss Ursache eines Unfalls oder einer Erkrankung sein. Die Ermittlung, ob Beschäftigte bei der Arbeit einem schädigenden Einfluss ausgesetzt waren (Exposition), und die medizinische Begutachtung mögen vor diesem Hintergrund als "Hürden" empfunden werden. Ohne sie könnte die gesetzliche Unfallversicherung allerdings gar nicht feststellen, ob sie überhaupt leisten darf.

Bei Berufskrankheiten enthält das Anerkennungsverfahren zudem eine Reihe von Erleichterungen gegenüber der zivilrechtlichen Durchsetzung von Ansprüchen:

  • Die Unfallversicherungsträger haben den Auftrag selbstständig ("von Amts wegen") die Beweise zusammenzutragen, mit denen Leistungsansprüche begründet werden können.
  • Es bedarf dazu lediglich einer formlosen Verdachtsanzeige, nicht eines formalen Antrags.
  • Die Unfallversicherungsträger gehen bei der Ermittlung neutral vor.
  • Sie werden dabei vom Bundesversicherungsamt bzw. den zuständigen Landesbehörden überprüft.
  • Die Betroffenen haben die Möglichkeit, vor den Sozialgerichten die Entscheidungen der gesetzlichen Unfallversicherung prüfen zu lassen. Das Verfahren ist für die Betroffenen kostenfrei.

Den im Beitrag geäußerten Vorwurf, einseitig gegen die Versicherten zu ermitteln, weisen die Berufsgenossenschaften und Unfallkassen vor diesem Hintergrund zurück. Unseren über 20.000 Beschäftigten wird damit unterstellt, sie würden ihre Aufgaben nicht gesetzestreu wahrnehmen.

Beispiel Anerkennungszahlen

Berufsgenossenschaften und Unfallkassen erhalten jährlich rund 75.000 Anzeigen auf Verdacht einer Berufskrankheit. Davon wird in rund 40.000 Fällen der Verdacht auf eine Berufskrankheit bestätigt. Ein Teil hiervon - rund 20.000 Fälle - entfällt auf Hauterkrankungen. Diese werden nach den rechtlichen Voraussetzungen anerkannt, wenn die Betroffenen ihre Tätigkeit aufgeben müssen. Dies ist jedoch selten der Fall, da die gesetzliche Unfallversicherung mit Hilfe von so genannten individualpräventiven Maßnahmen - – zum Beispiel Schulungen - verhindern kann, dass die Betroffenen den Beruf aufgeben müssen. Die Zahl der Anerkennungen umfasst also nicht alle Fälle, in denen die Unfallversicherung tatsächlich leistet.

Übrigens: Für die Meldung eines Verdachts gibt es keine Formvorgaben oder Hürden. Sie werden auch nicht nur von den Betroffenen gestellt. Rund 10.000 Anzeigen erhalten Berufsgenossenschaften und Unfallkassen beispielsweise von den Krankenkassen. Diese sind verpflichtet zu prüfen, ob möglicherweise ein anderer Zweig der Sozialversicherung an ihrer Stelle leisten müsste.

Beispiel Gutachten

Im Beitrag wird behauptet, Gutachterinnen und Gutachter seien wirtschaftlich abhängig von der gesetzlichen Unfallversicherung und deshalb nicht frei in ihrem Urteil. Unerwähnt bleibt, dass die gesetzliche Unfallversicherung gesetzlich verpflichtet ist, den Versicherten mehrere Gutachterinnen/Gutachter vorzuschlagen, aus denen diese dann auswählen dürfen. Auch dass die Versicherten eigene Fachärzte bzw. Fachärztinnen vorschlagen können, wenn diese entsprechend qualifiziert sind, wird nicht gesagt.

Im Übrigen legt das Autorenteam keine belastbaren Beweise für die behauptete wirtschaftliche Abhängigkeit der Gutachterinnen und Gutachter von den Unfallversicherungsträgern vor.

Beispiel Sozialgerichtsverfahren

Mehrfach wird in dem Beitrag erwähnt, dass Sozialgerichtsverfahren teuer seien. Nicht erwähnt wird, dass die Sozialgerichtsverfahren für die Versicherten kostenfrei sind. Im Übrigen werden nur in rund zehn Prozent die Entscheidungen der gesetzlichen Unfallversicherung im Klageverfahren korrigiert. Bezogen auf die Gesamtmenge der Entscheidungen, die die gesetzliche Unfallversicherung trifft, entspricht dies weniger als einem Prozent. Nur etwa 2,5 Prozent der Renten in BK-Fällen wurden erst nach einem Gerichtsverfahren gezahlt.

Beispiel Gesetzesänderungen

Die Autoren erwähnen zwar, dass auch die gesetzliche Unfallversicherung sich für Gesetzesänderungen stark macht. Im Falle der Beweiserleichterungen, die der im Beitrag zitierte Professor Xaver Baur fordert, hätten sie allerdings darauf hinweisen können, dass die gesetzliche Unfallversicherung in ihrem Weißbuch konkrete Vorschläge gemacht hat, wie diese rechtlich zu verankern und praktikabel umzusetzen wären.


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Stefan Boltz
Pressesprecher
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